Ein weiteres Thema, ein weiteres Motto während der Therapie bei Wolfgang Wendlandt war:

„Ich bin unangepasst“ (der grüne Zettel - wie erwähnt in meinem Posting über "Wortfindungsstörungen und Blackouts")

Ist dieses Ziel hilfreich, was den Umgang mit dem Stottern betrifft und auch sonst?

Stotternde Sprechweise fällt auf: „Hast du gehört, wie Die spricht? Sie kriegt ja keinen vernünftigen Satz zusammen! Ist sie minderbemittelt?“
Die Leute schauen, werden aufmerksam, aufmerksam auf mich, ich falle auf! Das ist nicht die Aufmerksamkeit, die ich wollte. Ich wollte nicht mehr auffallen!

Ich spreche anders, ich bin anders, ja, und?

Ich habe es satt, mein Stottern zu verstecken.

Und auch sonst:
Anders sein, authentisch sein, sich nicht mehr verbiegen, auch einmal gegen den Strom schwimmen, anderer Meinung sein – es erfordert Mut, denn dann werde ich angreifbar, bin möglicherweise negativer Kritik ausgesetzt.

Ich passe in keine Schublade, will es auch gar nicht mehr!
Ich habe mich zu oft und zu lange angepasst und untergeordnet, nur um nicht noch mehr aufzufallen.

Dieses Forum, ich habe mich hier geoutet. Anfangs war es eine große Überwindung. Es ist fast drei Jahre her. Vielleicht würde ich heute manches nicht schreiben, oder es anders formulieren. Damals hat das für mich so gepasst. Ich entwickle mich weiter.

Ich denke oft darüber nach, was würde passieren, wenn Leute aus meinem Bekanntenkreis, aus meinem weiteren Umfeld, meine Beiträge hier lesen? Wie werden sie dann über mich reden? Würde mich das stören? Es kann mir scheißegal sein, es ist mir scheißegal. Da ist nichts, weswegen ich mich schämen müsste, was mir peinlich sein müsste.

Meine Eltern, was würden sie dazu sagen?
„Das sagt man nicht!“ – Warum nicht, Mama? „Weil man das nicht sagt!“
„Das macht man nicht!“ – Warum nicht, Papa? „Weil man das nicht macht!“
Die Leute, sie werden sonst reden! - Ja, die Fassade musste schon in Ordnung sein.
So lief das oft in meiner Kindheit, nicht nur was das Stottern betraf. Ich hielt mich an diese Sicht- und Verhaltensweisen, denn ich war brav und angepasst!

Die Leute werden immer reden!
Jetzt bin ich auch schon mal unangepasst, selbstbewusst unangepasst.
Und ich fühle mich gut dabei! Was kann schon passieren? Und ich stottere immer weniger!