Hallo @SaMa ,
nun komme ich dazu, dir zu antworten.
Zunächst einmal möchte ich dir meinen Respekt aussprechen, dass du dich hier im Forum angemeldet und um Rat gefragt hast.
Mein großer Respekt gilt auch deiner Tochter, dass sie sich dir anvertraut hat. Das zeugt von einem schönen Verhältnis zwischen Mutter und Tochter, ich wünsche euch alle Liebe.

Ich hätte mich mit 14 niemals meinen Eltern anvertraut, weil das Thema Stottern in unserer Familie so schambehaftet war, dass ich lieber eine 6 in Mündlich nach Hause gebracht und mir die Scnimpftiraden meines Vaters angehört hätte als zuzugeben, dass ich in der Schule nicht richtig sprechen konnte.

Obwohl ich mich ganz genau in deiner (bzw. deiner Tochter) Geschichte wiederfinde.
Ich habe mit 3 angefangen zu stottern, es war in meiner Freizeit und innerhalb der Familie mit den Jahren praktisch kaum sicht- bzw. hörbar, drüber geredet wurde nicht, also gab es das nicht. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf...
Dabei wurde es auch bei mir so ca. ab dem 12. bzw. 13. Lebensjahr schlimmer, nachdem ich einen Lehrer hatte, der mich ein ganzes Jahr lang (während Klasse 6) versucht hatte umzuerziehen. Nach dem Motto: "Stottern ist eine schlechte Angewohnheit, und ich werde sie dir austreiben." Und wenn man sich dann den Eltern nicht anvertrauen kann, weil die es nicht hören wollen, dann steht man mit dem Rücken zur Wand und verspricht einfach nur noch: "Ich gelobe mir das Stottern abzugewöhnen." Und fährt eine Niederlage nach der anderen ein.

Darum mein großer Respekt vor deiner Tochter, die sich dir anvertrauen kann! So eine Mutter hätte ich gerbraucht!

Zitat von SaMa im Beitrag #1

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Meine Tochter 14 hat mit ca 2 Jahren begonnen zu stottern. Sie hat sehr früh begonnen zu sprechen, (mit 7 monate bereits wörter gesprochen) und hatte lang Probleme mit Ohren und Polypen. Daher meinte die Logopädin es wäre ein Entwicklungsstottern oder falsche Atmung.

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Schade schade, dass deine Logopädin so eine unsinnige Ansicht vertreten hat. "Entwicklungsstottern" dieser Begriff wird heute auch gar nicht mehr benutzt, weil er im Prinzip nicht zutrifft bzw. missverständlich ist. Aber eine falsche Atmung hat ein Kind vom Prinzip her nicht, es sei denn, es hat Asthma, Mukoviszidose oder irgendeine andere chronische Atemwegserkrankung. Stottern jedenfalls hat seine Ursache nie in einer falschen Atmung, kann aber dazu führen, dass die Atmung auffällig wird.

Zitat von SaMa im Beitrag #1

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Im Kleinkindalter kam es etwas mehr oder weniger, aber nicht schlimm. Die ganzen Jahre über sprach sie sehr flüssig. Jetzt kam sie von der Schule und erzählte, dass sie beim Vortrag und beim Lesen stark stottere. Sagt, sie habe ein leichtes Stottern bereits vor 1 Jahr bemerkt. Im Alltag spricht sie flüssig. Bereitet sie einen Vortrag vor, dann nimmt die Stotterei Überhand und sie stockt massiv.

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Soweit klingt das alles ganz normal. Aber die Tatsache, dass man plötzlich beim Vorlesen oder bei einem Vortrag kein Wort herausbekommen kann, das haut nicht nur jugendliche Stotternde um, sondern auch noch Erwachsene und ist oft der Grund dafür, warum Stotternde sich vor öffentlichen Reden (egal welcher Art) scheuen.
Allerdings eine Bitte an dich: verwende nicht solch abwertende Begriffe wie Stotterei, denn das kommt bei einem Betroffenen gar nicht gut an.

Zitat von SaMa im Beitrag #1

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Ich bin jetzt total verunsichert, da es im Alltag nicht ist. Sollte man versuchen, dass sie diese Situationen (ist ihr vor der Klasse peinlich) vermeiden?

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Nicht nur du bist verunsichert, auch deine Tochter wird es sein. Aber es liegt im Wesen des Stotterns, dass es bei vielen - wenn nicht sogar den meisten - mal ist und mal nicht ist. Stottern kann so unterschiedlich sein, dass ein- und dieselbe Person sich mal völlig unauffällig und ausgelassen mit den Freunden oder der Familie unterhält und im nächsten Moment kein Wort herausbekommt. Und das ganz oft sogar bei dem eigenen Namen.
Diese fiese Eigenschaft des Stotterns führt aber auch gerade in der Schule oft zu Missverständnissen zwischen Lehrerschaft und Schülern. Und Achtung! Lehrer*innen sind in keinster Weise für den Umgang mit stotternden Schüler*innen geschult, sie unterstellen den Schüler*innen oftmals, sie würden sich vor mündlicher Leistung drücken, sie ziehen eine Show ab etc. pp. eben MIT der Begründung, "ich hab euch doch eben auf dem Schulhof noch locker flockig reden hören". Genau das kann einen Jugendlichen umhauen. Weil er/sie selbst nicht versteht, was mit ihm/ihr geschieht und sich dann auch noch Anschuldigungen anhören muss.

Ja, kann sie diese Situationen vermeiden?
Betrachten wir das ganze von der rechtlichen Seite: Sie hat sogar das verbriefte Recht, diese Situationen zu vermeiden. Sie MUSS keinen Vortrag vor der Klasse halten, sie braucht auch nicht laut vorzulesen oder sich überhaupt am mündlichen Unterricht zu beteiligen, wenn sie sich auf den gesetzlichen Nachteilsausgleich beruft.
Ich habe Lehrerinnen bei der Messe DIDACTA erlebt, die den Nachteilsausgleich bereits für alle möglichen Störungsbilder (Lese-Rechtschreib-Schwäche, Rechenschwäche etc.) erteilt haben, denen aber nicht bewusst war, dass er auch bei Stottern gilt. Und ja, der Nachteilsausgleich gilt auch für Stottern, und er bedeutet:
- in Absprache mit den einzelnen Fachlehrern werden mündliche Leistungen vor der Klasse gegen Ersatzleistungen ersetzt. Dies kann bedeuten: z.B. einen Englischtext nicht vor der Klasse, sondern zu Hause als Sprachaufnahme zu lesen (fast alle Stotternden können, wenn sie allein sind, fehlerfrei sprechen).
- Referate können z.B. nicht im Plenum vor der Klasse vorgetragen werden, sondern auf Wunsch des/der Schüler*in nur im Beisein der zwei liebsten Klassenkamerad*innen und mit dem Lehrer. Oder man nimmt es gleich als Audio oder Video auf, der Lehrer schaut es sich an und der Schüler liefert ansonsten nur den schriftlichen Text.
- Mündliche Prüfungen können ebenfalls durch schriftliche Leistungen ersetzt werden, oder der/die Schüler*in erhält einen Zeitzuschlag, damit er/sie nicht unter Zeitdruck leiden muss.
Eigentlich sind der Kreativität und Phantasie keine Grenzen gesetzt.
Vermutlich wird von der Schule eine logopädische Diagnose "Stottern" gefordert, ggf. verlangen sie das aber auch nicht.
Oft reicht allein der Wink mit dem "Nachteilsausgleich" und die Lehrer lassen sich auf persönliche Vereinbarungen ein.
Mehr Infos zum Nachteilsausgleich findest du hier
Auch unbedingt zu empfehlen die Seite www.stottern-und-schule.de

Zitat von SaMa im Beitrag #1

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Verfästigt dies ihre Angst vor dem Stottern?

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Genau das ist die Frage, die man nicht pauschal beantworten kann.
Beim Stottern an sich ist Vermeidung ein großer Teil des Problems, niemals aber Teil der Lösung.
Was in eurem Falle gut ist, ist, dass deine Tochter selbst ein Problembewusstsein hat und Hilfe sucht. Darum sollte man sie aktiv in den Entscheidungsprozess mit einbeziehen. Ich würde in jedem Falle dazu raten, die Fachberatung der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe einzuschalten. Entsprechende Beratungsnummern findest du auf www.bvss.de.
Darüber hinaus aber bietet es sich an, eine von der BVSS empfohlene Fachtherapeutin in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen und ggf. mit deren Hilfe den Kontakt zu den Lehrern aufzunehmen. Wichtig ist dabei, was deine Tochter will und nicht, was irgendwelche Erwachsenen für sie für gut halten (ggf. über ihren Kopf hinweg.)
14 ist ein sensibles Alter. Da will man einfach auch manchmal mit dem Kopf durch die Wand. Aber der Grundstein ist gelegt allein dadurch, dass sie sich dir anvertraut hat.

Zitat von SaMa im Beitrag #1

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Bleibt bei ihr das Stottern und wird schlimmer?

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Dass das Stottern in irgendeiner Form bleiben wird, ist sehr wahrscheinlich. Ob es schlimmer wird, hängt stark davon ab, wie ihr jetzt damit umgeht bzw. wie selbstbewusst deine Tochter damit umzugehen lernt. Erstrebenswert wäre es, wenn sie selbstbewusst mit erhobenem Haupt sagen könnte: "Ja, ich bin eine gute Schülerin. Und dass ich ab und an stottere, ändert daran nichts. Denn Stottern hat nichts mit Intelligenz zu tun, wie ihr seht."
Akzeptanz und ein offener Umgang mit dem Stottern sind ein wesentlicher Bestandteil jedweder Verbesserung sowohl der Symptomatik, als auch des Selbstwertgefühls.
Der Versuch, das Stottern zu verbergen und sich dafür zu schämen hingegen führt oft zu einer Verschlimmerung, die gar nicht unbedingt sichtbar sein muss. Einige Stotternde können so schnell Wörter und Sätze umstellen, dass man sie für Flüssigsprecher hält, dabei leiden sie innerlich wie Hunde, weil sie nicht das sagen können, was sie eigentlich gern sagen wollen.
Allein darum ist der Austausch mit einer Fachlogopädin so wichtig für euch in nächster Zeit. (Wobei du auch jede Frage hier stellen kannst, wir sind auch ziemlich gut geschult )

Zitat von SaMa im Beitrag #1

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Ich bin leider sehr besorgt. Natürlich lieben wir sie und es ist für uns total ok, ich wünsche mir nur, dass sie diese schwierigen Situationen nicht erleben muss. In der Pubertät ist es bleibend. Doch ist es möglich, dass sie nur in bestimmte Situationen stottert?

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Besorgt sein ist normal. Du wärest keine gute Mutter, wenn du dich nicht um dein Kind sorgen würdest. Leider wirst du ihr die schwierigen Situationen nicht nehmen können, doch wenn du und sie einschließlich ihrer Lehrer*innen gut aufgeklärt sind, dann werden die Situationen nicht halb so schwierig sein. Drüber zu reden entlastet ungemein.
Dass sie nur in bestimmten Situationen stottern wird, ist auch sehr wahrscheinlich. Es ist manchmal echt krass, wie schnell aus einem augenscheinlich flüssig sprechenden Menschen innerhalb von Sekunden ein Stotternder wird, wenn nur die Person, mit der er spricht, wechselt - oder das Medium, z.B. am Telefon.
Ich finde es immer wieder faszinierend, wie ich mich den ganzen Tag problemlos und flüssig unterhalte, und kaum steht ein Telefon dazwischen, stottere ich ganz unwillkürlich. Mir macht das nichts mehr, weil ich es irgendwann akzeptiert habe und weil ich mich auch MIT diesem Stottern wohl fühlen kann. Bis dahin war es aber ein langer Weg.

Zitat von SaMa im Beitrag #1

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Sie ist eine sehr gute Schülerin und ist glücklich verliebt und nicht belastet. verstehe es einfach nicht.

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Stottern hat mit Intelligenz nichts zu tun, wie oben bereits erwähnt, auch die Lebensumstände sind nicht ursächlich fürs Stottern. Stottern ist KEINE psychische Störung, sie ist gehirnphysiologisch erklärbar (wie im einzelnen kann ich hier nicht in Kurzform erklären). Stottern führt insbesondere bei falschem Umgang oder durch negative Reaktionen von Zuhörern oftmals zu psychischen Störungen, denen man aber entgegenwirken kann, wenn man von Anfang an richtig damit umgehen lernt.
Klar gibt es Phasen im Leben, wo Jugendliche sich einfach nur wünschen "normal" zu sein, wo sie mit sich hadern, aber so etwas hat jede/r Jugendliche. Wer schwarze Haare hat, will blonde, wer klein ist, will groß sein, wer dick ist, will dünn sein etc. Auch mit so etwas umzugehen, gehört zum Erwachsenwerden dazu.

Und noch ein kleiner Tipp: Sollte deine Tochter - wie viele in ihrem Alter - Pferde ganz toll finden, empfehle ich das Buch "Rike oder ein nicht ganz gewönlicher Sommer" sowie den zweiten Band "Rike oder das Gestüt am Waldrand."
Hier steht ein sehr intelligentes stotterndes Mädchen (anfangs 13, nachher 15) im Vordergrund zweier spannender Pferdeabenteuer.
Bücher, die ich in meiner Kindheit gebraucht hätte.
Darum habe ich sie ja auch später geschrieben!
Zu beziehen ebenfalls über die Seite der BVSS, s. oben.
Vielen Dank für deine Aufmerksamkeit.
Wenn noch Fragen sind, jederzeit gerne!
LG
Petra

Hallo @SaMa ,
gerade musste ich durch dich feststellen, wie sehr wir uns auf unsere deutschen Netzwerke verlassen können.
Leider gilt nicht alles, was bei uns Standard ist, auch in unseren Nachbarländern.
In Österreich z.B. gibt es keinen gesetzlichen Nachteilsausgleich, aber eine Logopädin, mit der ich neulich sprach, versicherte mir, dass auch in Österreich in Absprache mit den Lehrern einiges möglich ist.

Ich gehe daher davon aus, dass es in Italien nicht anders ist. Wichtig dabei ist das offene Wort. Mit den Lehrern und - bei einer 14-jährigen kann man davon ausgehen - auch mit dem Kind.

Zitat von SaMa im Beitrag #5

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Na ja, ich weiß nicht ob ich es wirklich richtig mache. Im Moment glaube ich nicht. Ich habe nämlich mit ihr das Referat geübt und auf die Betonung gebocht und die öfters korrigiert. Logisch dachte ich dabei nicht ans Stottern, sondern mehr auf nicht guter Vorbereitung. Ich glaube, ich habe sie da mächtig, wenn auch unbewust, unter Druck gesetzt. Das besagte Referat ist dan mit einigen Aussetzern gegangen, aber anschließend fing es dann an. Daher fühle ich mich jetzt sehr schuldig.

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Niemand macht alles richtig. Aber ein vertrauensvolles Verhältnis zu den eigenen Kindern ist immer die Basis dafür, dass man über alles reden kann.
Das Referat zu üben ist grundsätzlich nicht falsch. Sicherheit in den Formulierungen und Sicherheit bezüglich des Inhaltes kann auch die Stottersymptomatik erheblich reduzieren, weil eben ein wichtiger Trigger ausbleibt, nämlich die Unsicherheit.
Dennoch ist das Tückische beim Stottern immer, dass man es zu Hause noch so oft üben kann, es gibt nie eine Garantie dafür, dass man es auch vor Leuten stotterfrei schafft.
Und darum sollte bei einem Stotternden auch nie das Ziel sein, etwas ohne zu stottern zu sagen, weil allein diese Fixierung aufs Sprechen die Sache viel schlimmer macht.
Hierzu hatte ich mal einen Artikel geschrieben: Warum man sich die Freiheit geben sollte, ab und zu Stottern zu zeigen ...
Auf die Betonung zu achten wiederum ist keine schlechte Idee. Auch auf rhetorische Pausen zu achten, statt immer nur Gas zu geben, ist auch und gerade bei Stotternden ein sehr wichtiges Hilfsmittel, um einen Vortrag gut halten zu können.

Zitat von SaMa im Beitrag #5

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Was ich nicht erwähnt habe, ist, dass wir aus Südtirol kommen und leider unser System überhaupt nicht gut logopädisch aufgestellt ist.
Meine Tochter hat damals 10 Treffen gemacht und fertig. Sie hat Aufgrund jahrelanger Symptomlosigkeit keine Diagnose und so ganz weiß ich auch nicht, ob sie eine Diagnose möchte. Auserdem bekommst du keine Termine, da wir uns im Lockdown befinden. Eben, auch wenn wir ihn bekommen würden, so sind sie nicht spezialisiert.

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Das mit den Logopäden ist natürlich ein Problem. Wenn deine Tochter auch deutsch spricht, dann gibt es aber auch Möglichkeiten, grenzübergreifend an online-Therapien teilzunehmen oder sich zumindest mit Logopäden auszutauschen. Ich kenne da welche in Österreich, vielleicht könnte hier auch @Roland Pauli vermitteln.
Wenn ihr aber auch keine Diagnose bekommt, so wäre es auf jeden Fall hilfreich, mit den Lehrern ein Gespräch zu führen. Vielleicht stößt du das als Mutter erstmal an, erklärst, dass es früher schon mal war und so ein Rückfall während der Pubertät auch nichts Ungewöhnliches ist.
Dass die Lehrer ihr aber entgegenkommen oder zumindest Verständnis zeigen müssen, ist essentiell. Und das läuft nur über das Gespräch.
Denn - wie ich bereits erwähnt habe - Lehrer sind in keinster Weise für Probleme wie Stottern geschult und denken oft alles mögliche, wenn eine Antwort nicht gleich kommt (die hat nicht geübt, die hat nicht zugehört, die war mit ihren Gedanken bei ihrem Freund etc.), nur nicht daran, dass der/die Schüler*in ein Wort, was er/sie ganz genau weiß, gerade nicht sagen kann.

Zitat von SaMa im Beitrag #5

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Sie liebt es eigentlich Referate zu halten und sie möchte es auch gerne. Oft gelingt es auch ganz gut. Diesmal hat sie einen Text mit viel Fremdwörter und vielen H, R, N und diese fallen ihr sehr schwer am Satzanfang zu nennen. Ich frage mich, ob ich sie zumindest für dieses befreien sollte? Allerdings möchte ich ihr auch nicht signalisieren, dass sie es nicht schafft.
Wenn du wirklich glaubst, dass es bestehen bleiben wird, dann werden wir vielleicht nicht um dieses thema herumkommen.
Verstehe mich nicht falsch. Ich möchte es nicht todschweigen, aber ich möchte ihr auch nicht ein Problem kreieren. Meinst du ich soll sie einfach fragen was sie möchte? Hättes du dir das gewünscht?

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Du kreierst kein Problem, wenn sie es dir bereits gesagt hat. Ihr habt dieses Problem. Es totzuschweigen macht die Sache nur schlimmer. Und - ja! - mein Plädoyer wäre sie zu fragen, was sie sich wünscht.
Und wenn es ihr Wunsch ist, vor der Klasse Referate zu halten, dann sollte man ihr das zugestehen.
Trotzdem kann es nicht schaden, wenn du die Lehrer informierst und um Verständnis wirbst.

Zitat von SaMa im Beitrag #5

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Noch eine Frage. Die Lehrperson war ziemlich überfordert in der Situation und hat ihr angeboten, dass sie öfter vor der Klasse sprechen kann um es zu üben. Meine Tochter fand es als nett, dass sie sich bemüht.

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So etwas ist lieb gemeint, kann aber ganz schön in die Hose gehen. Denn es kann sein, dass ein Misserfolg den nächsten provoziert und ein Teufelskreis daraus entsteht. Wenn deine Tochter es probieren möchte, weil sie es will, dann sollte sie es auch probieren dürfen.
Aber sie darf sich nicht zu viel davon versprechen.

Zitat von SaMa im Beitrag #5

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Ich habe ihr gesagt, dass ich nicht weiß ob dies hilft, da sie es ja kann, da sie es ja bis jetzt auch konnte. Nun habe ich wieder Sorge, dass ich da Unrecht hatte. Was meinst du? Hätte es dir geholfen?

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Das ist das Gemeine. Sie konnte es bis vor kurzem.
Ich selbst habe keine Erinnerungen daran, dass ich in meiner Grundschulzeit Probleme beim Vorlesen gehabt hätte.
Schlimmer wurde es bei mir während und nach der 6. Klasse, nachdem dieser Lehrer Druck gemacht hatte, ich solle mir dieses verdammte Stottern abgewöhnen.
Und dann habe ich z.B. Texte in Französisch und Englisch zu Hause geübt, und da klappte es auch. Aber in der Schule wurde jedes Wort zur Zeitbombe, egal wie viel ich geübt hatte. Es gab nie eine Garantie, ob ich dasselbe Wort, das ich einmal gesagt habe, beim nächsten Mal wieder sagen kann.
Dazu kam, dass ich mir angewöhnt hatte, meine beim Stottern stets wild flackernden Augenlider beim Lesen ganz zu verschließen. Wenn ich dann mit dem schwierigen Wort durch war, dann musste ich auf dem Blatt suchen, wo ich stehen geblieben war.
Es ist einen Versuch wert. Aber noch besser wäre eine Absprache, dass die Lehrer deine Tochter stets nur dann drannehmen, wenn sie sich meldet, also wenn sie es explizit will.
Das ist eine Absprache, die viele Stotternde mit ihren Lehrern treffen, und die entlastet die Schüler auch.

Zitat von SaMa im Beitrag #5

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Aber eigentlich weiß sie ja was sie sagen will.

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Das ist das Kernproblem des Stotterns.
Stotternde wissen immer genau, was sie sagen wollen. Es geht aber nicht, zumindest nicht in dem Moment, wo sie es sagen möchten, und das ist ein ganz blödes Gefühl.
Wenn man allerdings lernen kann, dass es einem egal ist, ob man stottert, oder wenn man die Bereitschaft zeigt, auch mal zu kommentieren: "Moment, geht gleich weiter, ich hänge mal wieder!", also wenn man das alles locker nimmt, dann erweist man sich einen unglaublichen Dienst.
So eine Einstellung zu erreichen, kann einem das Leben sehr erleichtern. Es ist möglich mit therapeutischer Hilfe, aber vielleicht auch, wenn deine Tochter sich das wirklich vornimmt und verinnerlicht.
Ich habe es geschafft durch einen stotternden Jungen, der so drauf war, und den ich mir zum Vorbild genommen habe.
Was dann noch von meinem Stottern übrig blieb, war nicht mehr dramatisch. Zumindest diese langen Hänger, wo ich gar kein Wort sagen konnte, blieben aus.
Also: offener Umgang - Stottern zulassen. Akzeptieren, dass dieses Problem existiert. Das sind sehr wichtige Meilensteine auf dem Weg in eine glückliche Zukunft. Gegebenenfalls auch MIT Stottern.
Ich wünsche euch viel Glück!
Petra