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Hallo, ich heiße Tanja!
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12.07.2020 00:44
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Liebe Community ! |
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Hallo @Tanja vielen Dank für deinen sehr ausführlichen und offenen Beitrag. |
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Moin @Johann 237 ! |
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Hallo Tanja, Zitat von Tanja im Beitrag #1 ...fühlte ich mich sehr an meine Familie, insbesondere an meine Mutter erinnert. Bei mir war es immer die Formulierung "du kriegst nur die Wörter nicht richtig raus". Das hielt sie aber nicht davon ab, auch zu verlangen, dass ich langsamer sprechen soll oder erst mal nachzudenken und dann zu sprechen. Erst vor einem halben Jahr etwa auf dem Buko (Bundeskongress Stottern und Selbsthilfe) hatte ich ein Gespräch mit einer Logopädin (selbst Stotterin), die in deinem Alter sein dürfte. Sie sagte mir, ob es vielleicht sein könnte, dass meine Eltern selbst nicht wussten, was du hattest, und dass sie tatsächlich nicht wussten, dass dein "Wörter-nicht-Rauskriegen" Stottern ist. Ich war einen Moment vor den Kopf getreten und musste wirklich in mich gehen. Aber ich bin heute sicher, dass zumindest mein Vater ganz genau wusste, dass es Stottern war, und meine Mutter wusste es mit Sicherheit durch die Behandlung, die ich mit 5-6 Jahren bei einem "Sprachheillehrer" erhalten hatte, auch. Sie wollte es nur nicht wahrhaben, und dabei glaube ich, spielte auch eine Rolle, dass zu jener Zeit Stottern im Volksglauben auf einen "Erziehungsfehler" durch die Eltern zurückgeführt wurde. Ich jedenfalls zog den Schluss: Stottern ist das Schlimmste auf der Welt, und darüber darf man auf keinen Fall reden. Ich dagegen "kriegte ja nur dir Wörter nicht richtig raus." Dafür gab es halt keinen Namen... Zitat von Tanja im Beitrag #1 Das erinnert mich an meinen ersten Freund, der ja auch Stotterer war. Er sprach es von sich aus nicht an, ICH sprach ihn darauf an, weil mich sein Stottern, meine eigene Situation, sein Umgang damit etc. nervlich total fertigmachten. Das war mein erstes Zugeben: "Ja, ich stottere doch auch!" Auch er war so locker drauf wie dein Partner, allerdings hatte ich fortan das Bedürfnis, mich viel mit der Thematik zu beschäftigen, merkte allerdings schnell, dass es für ihn eine unwichtige Nebensache war. Darum erhielt ich nicht den Rückhalt, den ich gesucht hatte. Und meinen Eltern gegenüber das Thema anzusprechen endete stets in einem emotionalen Desaster. Es ging einfach nicht. (Ich war 16.) Fazit all dessen: ich konnte mein Stottern vor Freunden und Lehrern ansprechen, auch wenn es immer noch mit einem mulmigen Gefühl verbunden war. Ich stellte fest, dass dieses offene Ansprechen mir unheimlich den Druck nahm. Und ich hatte danach überhaupt nicht mehr diese Endlos-Hänger wie früher, sodass ich binnen kurzer Zeit merkte, dass es meine Mitmenschen nicht nur nicht interessierte, wenn ich ihnen was von Stottern erzählen wollte, sondern sie mich auch noch darauf hinwiesen, dass ich ja gar nicht stottern würde. Also habe ich mir völlig umsonst all die Jahre so einen Kopf gemacht? Dieser Zustand führte dazu, dass ich erneut verdrängte, vermied und lieber Wörter austauschte, als Problemwörter auszusprechen. Bis ich einst diesen Fernsehbeitrag über einen stotternden Jungen sah (damals war meine Tochter 1,5 Jahre alt) und all die alten Erinnerungen wieder wach wurden. Ich fasse es mal so zusammen: Ich konnte zugeben, dass ich "mal gestottert habe" und deshalb aktuell beim Sprechen dies oder jenes schief läuft. (Paradox, nicht?) Ich konnte es nie ohne schlechtes Gefühl sagen, und ich schämte mich jedes Mal, wenn ich es ansprach. Gleichzeitig hatte ich ein unheimliches Bedürfnis, mehr zu erfahren. Aber nie hätte ich mir vorstellen können, mit einem anderen Stotternden über das Thema zu reden (meinen ersten Freund hatte ich längst aus den Augen verloren). Alle Versuche, mit Nicht-Stotterern darüber zu reden, endeten in: "Du hast doch nichts, stell dich nicht so an, das ist doch kein Stottern, kennst du XY, der stottert wirklich!" Und da greife ich für dich genau das auf, was bereits @johann237 geschrieben hat. Ich brauchte über 2 Jahre, die ich nur im alten BVSS-Forum schrieb und antwortete, bis ich mich in die Selbsthilfe traute. Vor allem - was sagte ich meinem Mann, dem ich in über 25 Jahren Ehe ein einziges Mal (und das ganz am Anfang) gesagt hatte, dass ich "früher gestottert habe". Ich konnte mir lange Zeit überhaupt nicht vorstellen, mich mit anderen Stotternden zu treffen. Ich machte mir tausend Gedanken, was sie wohl über mich denken würden. Ich malte mir aus, sie würden sagen: "Was willst du denn hier, guck uns doch mal an!" Überrascht hat mich dann, dass es dort überhaupt nicht auf die Schwere der Symptomatik ankommt, ob man dort "akzeptiert" ist oder nicht. Die Stotternden besitzen die Empathie zu wissen, dass es leicht Stotternde gibt, die schwer leiden, ebenso wie es schwer Stotternde gibt, die massive Probleme haben aber andere wiederum, die einfach reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist. Es dauerte nicht lange, da fiel mir das alles gar nicht mehr schwer. Je mehr ich mich mit Stotternden ausgetauscht hatte, umso mehr wurde ich mir sicher, dass ich eben keine Gespenster gesehen habe, und dass es auch nichts Unnormales ist, wenn man sich so einen Kopf macht, wenn man emotional aus dem Häuschen gerät, sobald das "böse" Wort Stottern fällt. Zitat von Tanja im Beitrag #1 Das hätte meine Mutter auch bringen können. Aber darüber sprechen hätte man müssen!!! Aber was rede ich da. Ich frage mich heute oft, ob mein Aktionismus in Sachen Stottern nicht auch damit zusammenhängt, dass meine Eltern nicht mehr leben (bzw. meine Mutter war anfangs noch am Leben aber schwer dement). Auch wenn ich glaube, dass ich heute so weit wäre, es ihnen offen ins Gesicht zu sagen. Aber sie würden es weiter kleinreden, da bin ich mir sicher. Doch heute würde ich nicht mehr einknicken. Zitat von Tanja im Beitrag #1 Schade, dass du hier nicht weiter nachgehakt hast. Zitat von Tanja im Beitrag #1 Genau das kannst du lernen, da bin ich zuversichtlich! Am besten, indem du dich mit Gleichgesinnten im Rahmen der Selbsthilfe unterhältst. Das kannst du sogar auch in Video-Konferenzen machen, denn solche gibt es immer wieder vor allem seit Corona, z.B. bei @Roland Pauli , er kündigt sie hier im Forum an, oder auch bei Stefan Budinger, der eine Facebook Gruppe "Speak up - Dein Stotter-Podcast" unterhält. Das ist vielleicht erst mal einfacher, als gleich in die Gruppe zu gehen. Zitat von Tanja im Beitrag #1 Auch hierin kann ich mich gut wiederfinden. Wenn ich vor Leuten rede, brauche ich überhaupt keine Angst haben, dass ich ins Stottern kommen könnte. Aber meine Hauptstrategie ist nach wie vor, es sofort kommentieren zu können, SOLLTE ich mal hängen bleiben. Bei mir haben allerdings insbesondere die Feedbacks, die ich auf meine Vorträge erhalten habe, zu dem aktuellen Selbstvertrauen geführt. Zu gut Deutsch: Vorträge, die ich furchtbar chaotisch fand, wurden laut bejubelt  Zitat von Tanja im Beitrag #1 Es ist sicher die emotionale Nähe, die es einem so schwer macht, über ein lange tot geschwiegen Thema zu reden. Ich halte es mittlerweile gut aus, mit meinem Mann (der nicht stottert!) darüber zu reden, ich habe ihn sogar mit auf Selbsthilfe-Treffen geschleppt, er kennt viele meiner dortigen Mitstreiter persönlich. Es tut gut, dies alles ohne Hektik und Scham auszuhalten. Das macht nur die Konfrontation damit, solange man sich dem entzieht, ändert sich gar nichts! Zitat von Tanja im Beitrag #1 Kann ich auch voll unterschreiben. Das Befassen mit dem Thema Stottern führt unweigerlich dazu, dass du nach deiner Symptomatik suchst. Du machst im Prinzip ein Stadium der Van-Riper-Therapie durch, der Identifikation. Du lernst dein Stottern zu identifizieren, du spürst deiner Symptomatik nach, und dadurch werden bislang unsichtbare Symptome wieder sichtbar. Wichtig ist an dieser Stelle, die Symptome auszuhalten, sie nicht abzubrechen und beschämt wegzuschauen. Wenn man sich ihnen bewusst hingibt, nehmen Scham und Unwohlsein mit der Zeit ab. Dazu auch Warum man sich die Freiheit geben sollte, ab und zu Stottern zu zeigen ... Zitat von Tanja im Beitrag #1 Dies alles sind Dinge, die zu verändern in deiner Hand liegen. Und wenn du es nicht allein oder durch die Selbsthilfe schaffst, dann mach eine Therapie oder besuch einfach mal den Kongress Stottern und Selbsthilfe, der dieses Jahr in Dortmund geplant ist (drück mal die Daumen.) Mach mal spaßeshalber den http://www.desensibilisierungsfragebogen-stottern.de Dann begreifst du, welche Felder du bearbeiten musst. Und wie es bei mir früher war und heute ist, findest du hier: Die Bedeutung der Desensibilisierung Zitat von Tanja im Beitrag #1 Keine Ursache. Freut mich, von dir zu hören. Grüße aus Frankreich Petra
#stottern #stuttering #kekemelik
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Hallo @Tanja Zitat von Tanja im Beitrag #3 Liebe @Tanja , deine Einstellung ist geprägt von der Ignoranz deiner Umwelt; dabei tust du dir selbst Unrecht. Ich möchte dir von einer jungen Frau aus der Kölner Selbsthilfe berichten. Sie kam zu uns in die Gruppe und sprach vollkommen unauffällig und flüssig. Allerdings hatte sie furchtbare Angst davor, dass sie MAL stottern könnte und dafür ausgegrenzt, ausgelacht oder ausgeschlossen würde. Sie hatte die - irrationale - Hoffnung, dass sie mit ein paar Tricks das Stottern verlieren könnte. Von unserer Gruppe allerdings wurde sie informiert, dass das nicht realistisch ist, dass sie sich mit dem Stottern aussöhnen und es akzeptieren müsse. Ich gab ihr viele Hinweise, wie sie das machen könnte, und sie verstand es auch rational, allerdings konnte sie es nicht umsetzen. Und nun geschah folgendes: Die Bonner Stottertherapie hat den Ruf, sie sei vor allem für "die schweren Fälle", bei denen andere Therapien versagt haben. Und daher ziehe ich auch meinen Hut vor den Therapeuten der Bonner Stottertherapie. Diese haben erkannt, dass sie für ihr kaum merkliches Stottern einen sehr schweren Leidensdruck hatte. Was sie in Bonn gelernt hat, ist vor allem zu stottern. So paradox es klingen mag. Sie wurde angeleitet, stotternd durch die Gegend zu laufen und zur normalen Symptomatik noch einen draufzulegen. Wenn wir bei dem Eisberg-Bild bleiben. Bei ihr war der unsichtbare Teil des Eisbergs gigantisch, die sichtbare Seite vielleicht ein kleiner Stein, der meistens von Wellen überspült wurde und nur manchmal hervortrat. Aber die Bonner haben erkannt, dass sie ein "schwerer Fall" ist. Und die Therapie war für sie das Tor ins Leben! Das Leiden am Stottern lässt sich nicht an der Schwere der Symptomatik festmachen. Das Leiden am Stottern ist real und berechtigt. Aber man kann dran arbeiten. Du brauchst dein Leiden nicht kleinzureden. Du hast nach deiner Lebenserfahrung alles Recht der Welt, so zu ticken wie du tickst. Und wenn du daran etwas ändern möchtest, dann kannst du das. Du kannst das, indem du viel über Stottern redest (such dir die Leute genau aus, mit denen du sprichst, Nicht-Stotterer sind nicht besonders geeignet!) Du kannst das, indem du mit uns schreibst und dich austauschst. Du kannst das, indem du einen Stotter-Therapeuten suchst (übrigens scheinst du bei Hamburg zu leben; "ich erinnere" sagt man nur in Hamburg, ich habe da studiert  ), dort gibt es ganz hervorragende Stotter-Therapeuten bzw. Boltenhagen, wo die Vier-Mal-Fünf angeboten wird, ist nicht sehr weit!Zitat von Tanja im Beitrag #3 Alte Muster aus dem Kopf zu bekommen, ist schwer. Sehr schwer. Aber deine Mutter ist im Unrecht, und du hast weder eine Macke, noch dir was "angewöhnt". Zitat von Tanja im Beitrag #3 Wie gesagt, bei mir waren es über zwei Jahre, bis ich es in die analoge Selbsthilfe geschafft habe. Ich kann dich nur animieren, es nicht so lange schleifen zu lassen, denn was dich erwartet, lässt den Eisberg schnell schmelzen. Gerne können wir auch mal direkt telefonieren! Gruß Petra
#stottern #stuttering #kekemelik
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DAS ist einer der Vorteile des Forums. Lass dir Zeit, lass es sacken, denk drüber nach.
#stottern #stuttering #kekemelik
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Hallo Tanja, Zitat von Tanja im Beitrag #1 Bei mir ist dieses Thema auch erst so spät so richtig hochgekommen und ich frage mich seitdem: kann man (sehr leicht) stottern und es 30 Jahre nicht wirklich realisieren? Und ab welchem Punkt sind Unflüssigkeiten Stottern? Ich suche da immer noch Antworten... Zitat von Tanja im Beitrag #1 ebenso, ebenso, ebenso... Zitat von Tanja im Beitrag #1 Ich hatte auch diese Gedanken, dass meine Tochter nur dieses Problem hat, weil ich mich in der Schwangerschaft so reinsteigerte. Genauer gesagt, hatte ich schon in der Schwangerschaft diese Ahnung, dass ich durch mein Verhalten ein Stottern bei ihr auslösen könnte.... Zitat von Tanja im Beitrag #1 Im Allgemeinen ist es bei mir so, dass ich Unflüssigkeiten automatisiert und ohne viel Aufwand umgehen kann. Ich kann mich gut flüssig halten, weil ich beim Sprechen immer auf Habachtstellung bin. Hörbares Stottern aktiv zulassen ist allerdings nur bei sehr wenigen Menschen ansatzweise möglich. Und das dann auch insbesondere, wenn ich mich wohlfühle. Stressige Situationen habe ich sprachlich inzwischen im Griff, das war in jungen Jahren noch anders.... Zitat von Tanja im Beitrag #1 Ein gewisses Peinlichkeitsgefühl hält mich immer noch ab, damit offen in meinem engeren Umfeld umzugehen, aber inzwischen würde es mich sogar eher freuen, als Stotterer "ertappt" zu werden. Das wäre dann endlich mal eine Person, die erkennt, was mich nun schon sooo lange im Verborgenen umtreibt... Wär hätte das vor ein paar Jahren gedacht?! Zitat von Tanja im Beitrag #1 Danke an dich für deine Offenheit. Würd mich freuen, weiter von dir zu hören bzw. zu lesen. LG dusty |
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Hallo @Dusty, @PetraS und @Johan237 ! |
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