Vorab: Diese Frage stammt aus der Facebook-Gruppe "Speak-up dein Stotter-Podcast" von @Stefan Budinger.

Ich freue mich immer, wenn es in der Gruppe oder auch in "Flüssiges Sprechen wird überbewertet" einmal inhaltliche Debatten gibt, andererseits tut es mir leid um die Mühen, die sich jeder macht, der eine ausführliche und substantiierte Antwort in sein Smartphone eintippt, weil Facebook, insbesondere bei sehr aktiven Gruppen, eben ein sehr schnelllebiges Medium ist und die Mühen mit tausenden anderen Daten dahinschwinden.

Eben weil die Debatte so interessant ist, habe ich die Urherberin gefragt, ob ich die Antworten (ohne vollen Namen) hier konservieren darf, und sie hat zugestimmt.

Ausgangsfrage: Stephanie schrieb:

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Guten Morgen zusammen. Mich würde mal interessieren wie ihr euch vor bestimmten Situationen vorbereitet? Macht ihr Atemübungen, Yoga oder lasst ihr es einfach auf euch zukommen?

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Antwort von Stefan:

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Guten Morgen Stephanie!
Kommt auf die Situation an. Aber eigentlich frag ich mich immer: "Was ist das schlimmste was passieren kann?". Und wenn ich mir die Frage beantworte kommt mir die Situation garnicht mehr so gefährlich vor. Mir wird bewusst dass ich die Situation definitv überleben werde und die Welt sich trotzdem weiter drehen wird :D
Vor einer Präsentation o.ä. frag ich mich das selbe, mache aber auch ein paar Dinge um mein Selbstbewusstsein zu stärken. Gehe vorher ins Fitnessstudio (um schonmal ein Erfolgserlebnis zu haben und mich gut zu fühlen), ziehe mir Klamotten an in dene ich mich wohl fühle und nehme dann kurz vor der Präsentation eine starke und selbstsichere Haltung ein (Beine schulterbreit und fest auf dem Boden und Hände in die Hüfte), atme paar mal tief ein und aus (um entspannter und ruhiger zu werden) und denke noch bewusster an meine Sprechtechnik.
Gute Frage auf jeden Fall! 💪😊👍 Wie siehts denn bei dir aus? :)

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Antwort Stephanie:

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Hallo Stefan, du scheinst auf jeden Fall ein starkes Selbstbewusstsein zu haben 👍 echt toll.
Ich atme auch immer erst mal durch und wie du denk ich mir auch. Was soll schon schlimmes passieren. Außer komische Blicke vielleicht zu kassieren.
Ansonsten schau ich das ich mich selber runter hol vom Berg 😊 wir sind alles nur Menschen die die gleiche Luft atmen und ich denk mir auch immer es gibt viel schlimmeres im Leben wie ein Sprachfehler :)

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Antwort Stefan:

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Genau. Wir sind alles nur Menschen. Ist halt auch alles tagesformabhängig. Mal fühlen wir uns super stark und mal nicht. Und das ist auch voll OK.. Glaub dass wir uns das aber auch einfach erlauben sollten.

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Antwort Petra:

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Das mit dem "worst-case-szenario" betrachte ich etwas differenzierter. Es geht um die mögliche Entwicklung in der Situation und zwar Schritt für Schritt. Hier die Negativ-Version: Ich muss im Meeting etwas sagen: Was ist, wenn ich hängen bleibe? Wenn ich hängen bleibe, gucken die komisch. Wenn die komisch gucken, schäme ich mich. Wenn ich mich schäme, werde ich rappelig. Wenn ich rappelig werde, kriege ich mein Wort nie raus. Wenn ich mein Wort gar nicht rauskriege, muss ich es austauschen. Wenn ich das Wort austauschen muss, fällt mir womöglich keins ein. Wenn mir kein passendes Wort einfällt, halten die mich für blöd... Gehen wir die Sache durch: Wenn ich hängen bleibe, gucken die komisch... Die gucken nicht komisch, weil du hängen bleibst, sondern weil sie überrascht sind, dass etwas schief läuft, womit sie nicht gerechnet haben. Dass das Stottern ist, begreifen sie aber nicht. Weil für sie Stottern nicht Stocken heißt, sondern st-st-st-st-stottern. Sie gucken komisch, weil sie überrascht sind! Hier ist die erste Stelle, an der du aufklären könntest. "Sorry, ich bin gerade hängen geblieben. Passiert mir manchmal, ich stottere nämlich." Dann bliebe der gesamte Rest einfach aus. Aber gehen wir davon aus, du sagst NICHTS. Dann tritt Schritt 2 "Scham" ein. Scham lässt dich hektisch werden, du willst raus aus der Situation. Jede mögliche Sprechtechnik ist aber in diesem Moment blockiert, weil du mit deiner Scham und deiner Aufregung beschäftigt bist. Womöglich vergisst du sogar deinen Text, das heißt kannst allein deshalb nicht das Wort austauschen - weil du gar nicht mehr weißt, was du sagen willst. Und dann glaubst du, die halten dich für blöd. Sie halten dich aber nur solange für blöd, solange sie die Situation nicht begreifen. Und sie begreifen sie auch nicht, weil sie keine Erfahrung mit Stottern haben. Bei mir reicht allein die Freiheit, die ich mir persönlich gebe, in dem Moment, in dem ich hängenbleibe, sagen zu können "sorry, mein Stottern meldet sich mal wieder", dass ich unbeschadet durch solche Situationen gehe. Ich WEISS, warum die komisch gucken. Nicht ich bin der Grund, sondern die unerwartete Pause. Und die zu klären bedarf es einen kleinen Satzes: "Ich stottere". In aller Regel hagelt es 1000 Entschuldigungen von allen, die komisch geguckt haben, wenn sie einmal durch diese Info aufgeklärt sind. Wüsche dir viel Erfolg!

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Stephanie:

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Danke für deine ausführliche Erläuterung. Schön einfach zu lesen das man nicht alleine ist und das stottern kein Grund ist sich dafür schämen zu müssen 💖

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Carsten:

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Genau richtig Stephanie. Es braucht sich keiner Schämen

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Fabian:

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Sehr gut erklärt, Petra! Neben dem Worst-Case-Szenario kann man sich genauso auch fragen, was passiert, wenn man die Situation vermeidet. Was passiert kurzfristig?Ich habe die Situation vermieden und bin erleichtert. Was passiert langfristig? Ich vermeide immer mehr Situationen, werde wütend auf mich selbst, mein Selbstvertrauen schrumpft.
Und dann daraus resultierend die positiv formulieren:
Ich packe diese Situation an, denn das macht mich zufriedener mit mir selbst und stärkt mein Selbstvertrauen.
Bin auf jeden Fall der Meinung, sich die Gedanken in solch einer Situation im Detail anzuschauen, wie du es beschrieben hast. Und die können ja individuell verschieden sein.

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Antwort Andrea:

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Vor meiner Therapie (vor 3 Jahren) habe ich tatsächlich Atemübungen gemacht. Gerade vor Vorstellungsrunden habe ich meinen Vornamen geübt. Heute lasse ich es auf mich zukommen. Meistens klappt es auch 😀

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