Mir gefällt der Satz "Das Leiden am Stottern ist heilbar". Die Frage, ob Stottern heilbar ist, lasse ich lieber offen. Ich glaube nicht, dass irgend jemand darüber eine endgültige Aussage machen kann. Bevor ich weiter auf das Stottern eingehe, möchte ich noch eine letzte kurze Zusammenfassung aus Martin Korte "Hirngeflüster" zu den Themen Verstand, Intuition und Willenskraft bringen. Das Wort, das beim Stottern hilft, ist darin auch schon versteckt:

Neben dem bewussten Nachdenken gibt es auch noch schnelle, unbewusste Entscheidungsprozesse, die wir Intuition nennen. Analog zur Unterscheidung in System 1 und 2 bei Kahneman haben wir ein intuitives Gehirnnetzwerk, das schnell, automatisch, häufig aktiv, emotional, stereotypisierend und unbewusst ist und ein zweites System, das durch Nachdenken langsam, anstrengend, selten aktiv, logisch, berechnend und bewusst ist. Entsprechend gibt es Entscheidungen, die wir bewusst, und solche, die wir unbewusst treffen.

Über die intuitiv ablaufenden Entscheidungsprozesse werden wir uns allerdings nicht bewusst werden, und sie sind meist nicht sprachlicher Natur. Dies erklärt auch, warum es manchmal schwierig ist, Entscheidungen, die uns klar und eindeutig erscheinen, auch sprachlich zu begründen.

Bei einfachen Eischeidungen ist bewusstes Nachdenken besser, bei komplexen Entscheidungen ist es besser, seinen Intuitionen zu vertrauen. Intuitionen sind vom Gehirn gespeicherte Muster-Erkennungsprozesse. Intuitionen nutzen die enorme Rechenkapazität unseres Gehirns, sie betrachten aber alles im Licht dieser gespeicherten Muster und das kann in einer neuen Situation daneben gehen.

Neuartige Probleme erfordern bewusstes Nachdenken und gute Laune, dann ist der präfrontale Kortex nicht mir der Abwehr negativer Gefühle beschäftigt und ist frei zum Denken. Unsere Intuitionen sind immer am Werk. Klappt die Intuition nicht, schalten wir den Verstand ein. Die linke Gehirnhälfte verarbeitet vor allem positive Emotionen, die rechte eher die negativen.

Gefühle sind die Fenster in unser Unbewusstes und ohne Gefühle wird der Verstand keine dauerhafte Richtungsänderung des Handelns bewirken können.
Der Stirnlappen ist wichtig für unsere Willenskraft und kann wie ein Muskel ermüden. Willenskraft lässt sich steigern durch Achtsamkeit und ein Training des Arbeitsgedächtnisses. Es ist allerdings schwer, seinen Stirnlappen durch Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und Konzentration zu trainieren.

Willenskraft ist die Fähigkeit, eine Handlung zu unterdrücken, wenn ihre Konsequenzen den aktuellen und langfristigen Interessen widersprechen.
Detailliertes Ausmalen eines langfristigen Ziels hilft uns, ein Ziel zu erreichen, weil der Stirnlappen dann das Ziel kennt.

Soweit Martin Korte. Die Sache mit rechter und linker Gehirnhälfte (bei Linkshändern ist es immer anders herum) ist ja auch nur deswegen hier interessant, weil festgestellt wurde, Stotternde würden versuchen, mit der rechten Gehirnhälfte zu sprechen, was aber nicht gehen kann, weil das Sprachsystem sich in der linken Gehirnhälfte befindet. Es muss also darum gehen, den Schwächeanfall der linken Gehirnhälfte beim Stottern zu beheben.

Ich habe selbst viel gelernt beim Schreiben und Lesen in diesem Thema. Man lernt sehr viel nachhaltiger, wenn man das Gelernte aufschreibt und anderen weiter erzählt.

Ich habe bezogen auf Rechtshänder wiedergegeben, was ich in der Fachliteratur über die beiden Gehirnhemisphären gelesen habe. Da das Sprachzentrum sich in der linken Gehirnhälfte befindet und dort mit dem Aufmerksamkeitssystem und dieses auch mit dem präfrontalen Kortex verbunden ist, das was wir sprechen wollen, aber zumeist in der rechten Gehirnhälfte entsteht, kann das Sprechen nicht funktionieren, wenn die linke Gehirnhälfte dabei herunterschaltet.

Das wiederum muss ein Aktionismus der unteren Ebenen des Gehirns um den Mandelkern sein, der, wenn er eine gefährliche Situation fürchtet, Aufmerksamkeit und den präfrontalen Kortex abschalten kann. Und dann fehlt ein wesentliches Element, um Gedanken in Sprache wiedergeben zu können.

Was dann soviel heißt wie: Die Erwartung und die Angst vor dem Stottern lässt uns stottern. Angst und überhaupt negative Gefühle entstehen in der rechten Gehirnhälfte, positive Gefühle eher in der linken Gehirnhälfte.

Es deutet alles darauf hin, dass das Stottern ausbleiben müsste, wenn die Aktivität der linken Gehirnhälfte durchgängig aufrechterhalten werden könnte. Das entspricht Torstens Ausführungen über das Hören der eigenen Stimme, das entspricht dem Tun erfolgreicher Stotter-Therapien, dem was turm79 hier schreibt und meinen eigenen Erfahrungen. Leider ist aber das alles immer noch mit Rückschlägen verbunden und ist auch nicht für jeden wiederholbar oder nachvollziehbar.

Die Lösung des Problems ist einfach und komplex zugleich: Es ist die gute Laune. Wenn ihr jetzt lacht oder sogar losprustet oder ungläubig dreinschaut, zeigt das nur, dass ich Schwarze getroffen habe.

Darüber mache ich aber ein neues Thema auf (Kann noch ein bisschen dauern).

Ich wollte nun beschreiben, was man alles tun kann, um das Stottern weitgehend abzulegen und stellte nach zwei Anläufen fest, dass ich erst mal meine Gedanken ordnen muss. Es ist schwierig zu beschreiben, weil den letzten Schritt nach vielleicht erfolgreicher Therapie, um dem Ziel noch näher zu kommen und Rückfälle zu verhindern, ausgehend von dem, was er in der Therapie gelernt hat, doch jeder für sich alleine finden muss. Eine gute Therapie kann aber auch dafür noch Wege aufzeigen. Ich brauche 1-2 Wochen, weil ich auch gerade noch Enkel hüten muss.

Die Zeit meines schlimmsten Stotterns war zwischen dem 14. Und 25. Lebensjahr. Das Leben lief regelrecht an mir vorbei. Es besserte sich dann mit zunehmendem beruflichem Erfolg (als Programmierer musste ich Programme entwickeln, aber nicht viel reden), andere Menschen hatten plötzlich Interesse an mir, mit 32 geheiratet und drei Kinder bekommen. Das Stottern war zwar nicht weg, aber erträglich und auch phasenweise kaum noch da. Innerhalb meiner Familie (nicht der Herkunftsfamilie) war es kein Problem.

Heute ist es so, dass ich tageweise tatsächlich so spreche, als hätte ich nie gestottert. Dann ist es aber plötzlich wieder da. Es ist sehr situationsabhängig.

Da ich seit vielen Jahren mit meditativen Übungen arbeite, habe ich Einsichten in meine inneren Vorgänge und Zustände und kann gut die Unterschiede meines inneren Zustands zwischen stotterfreiem und stotterndem Sprechen erkennen.

Ich schrieb, Gute Laune sei eine Hilfe gegen Stottern. Abgeleitet von Martin Korte: Bei guter Laune ist der präfrontale Kortex nicht mit der Abwehr von negativen Gefühlen beschäftigt und hat den Rücken frei zum Denken. Damit ist aber nicht die euphorische ereignisbezogene gute Laune gemeint, sondern eher die gelassene gute Laune als Lebenseinstellung. Negative Emotionen schränken das Arbeitsgedächtnis ein und erniedrigen die Dopaminproduktion. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Dopamin, guter Laune, positiver Erwartungshaltung und einem frei agierenden präfrontalen Kortex.

Ausführungen von Martin Sommer, wie von Roland wiedergegeben, von Martin Korte, Gerhard Roth und anderen und meinen Beobachtungen an mir selbst haben mich zu einer Entdeckung gebracht, die komischerweise in der Stotter-Wissenschaft keine Rolle spielt. Es geht um die Funktion und Wirkungsweise des Präfrontalen Kortex (PFC). Ob es wichtig sein kann, dass die Entwicklung des PFC zu der Zeit beginnt, in der in den meisten Fällen auch das Stottern einsetzt (3.-4. Lebensjahr), weiß ich nicht.

Der PFC kontrolliert Verhalten, Ausdruck (situationsangemessene Handlungssteuerung und Regulation emotionaler Prozesse) und ist wichtig für Entscheidungsprozesse. ist zuständig für Antizipation von Handlungskonsequenzen, Handlungssteuerung, Planung künftiger Handlungen, Lösung neuer Probleme aufgrund gemachter Erfahrungen. Er wird aktiviert und trainiert, indem wir etwas bewusst und ungeteilt beobachten und darüber reflektieren. Die Basalganglien werden aktiviert, wenn wir eine Gewohnheit ausgebildet haben. In gleichem Maße wird der Frontallappen, insbesondere der PFC, deaktiviert. (Martin Korte)

Ich habe schon darauf hingewiesen, dass Gewohnheit auch beim persistenten Stottern eine Rolle spielt. Wir werden dadurch zum Gefangenen unbewusster Routinen (zum Gefangenen des Stotterns?). Wir werden damit zum Zuschauer unseres eigenen Theaterstücks.

Der präfrontale Cortex ist verantwortlich für höhere kognitive Prozesse unter Einbezug des individuellen emotionalen Zustands und besitzt eine große Bedeutung für die Persönlichkeitsstruktur.

Aus dem Internet:

Der PFC ist die letzte Gehirnstruktur, die sich entwickelte. Es ist die Gehirnstruktur, die uns zum Menschen macht. Sie ermöglicht abstraktes Denken und Selbstwahrnehmung.
Der präfrontale Kortex ist der Bereich unseres Gehirns, der mit der Planung von komplexen Verhaltensweisen und dem Ausdruck unserer Persönlichkeit verbunden ist.
Er ist der Teil des Gehirns, der es uns ermöglicht, zwischen Gut und Böse zu unterscheiden, der es uns erlaubt, unsere Umgebung zu bewerten und die Kontrolle über unsere Gedanken zu übernehmen.

Jugendliche können ihre Impulse nicht kontrollieren und reflektieren nicht, bevor sie handeln, weil der präfrontale Kortex erst im Alter von 20-25 Jahren seine Entwicklung abschließt. Je mehr Reize, Herausforderungen, Unterstützung und Möglichkeiten wir dieser kognitiven Evolution zur Verfügung stellen, desto erfolgreicher wird sie verlaufen.

Er ist der Bereich, in dem viele Prozesse im Zusammenhang mit unserer Persönlichkeit stattfinden. Schüchternheit, Mut, Offenheit für neue Erfahrungen … sie alle haben hier ihren Ursprung. Motivation, Begeisterung und Energie für das Erreichen eines Ziels stammen ebenfalls aus dem präfrontalen Kortex.

Er hilft uns, unsere Aufmerksamkeit zu fokussieren, komplexe Informationen zu verarbeiten und zu planen. Er beinhaltet alle kognitiven Fähigkeiten, die wir nutzen, um Informationen zu speichern, wenn wir neue Informationen erfahren oder neue Handlungen durchführen. Er koordiniert und passt unser Sozialverhalten an, hilft bei der Impulskontrolle und der emotionalen Verarbeitung.

Der präfrontale Cortex ist verantwortlich für höhere kognitive Prozesse unter Einbezug des individuellen emotionalen Zustands und besitzt eine große Bedeutung für die Persönlichkeitsstruktur;

Aus diesen Ausführungen ist zu erkennen, wie wichtig der PFC für unser Leben ist. Wird er deaktiviert, aus welchem Grund auch immer, kann vieles nicht funktionieren. Auch unsere sprachliche Kommunikation wird nicht gut funktionieren können (lt. Wendland das Problem des Stotterns).

Ich arbeite gezielt daran, meinen PFC nicht durch negative Emotionen oder Gewohnheitsverhalten deaktivieren zu lassen und habe damit schon gute Erfolge erzielt, auch was die sprachliche Kommunikation anbelangt.

Ich will das beim nächsten Mal etwas genauer beschreiben.

Ich habe das Video von Wendland angesehen, dass Petra hier hereingestellt hat. Wendlands Ausführungen kann ich nachvollziehen, sie passen gut zu meinen Erfahrungen, Stottern ist ein Kommunikationsproblem, aber kein Sprachproblem. Aber die Ausführungen von Zückner – diese oberflächliche Beschreibung des Symptoms Stottern - ich weiß nicht, welchen Sinn das machen soll.

Dabei kann die Behandlung des Symptoms hier Erfolge bringen – nämlich dann, wenn die Überzeugung entsteht: Ich kann ja ohne Stottern sprechen! Die Wirkung liegt nicht darin, dass am Sprechen gebastelt wird (denn das funktioniert ja eigentlich, wie Wendland sagt), sie liegt in der psychischen Wirkung auf die Erfahrung, in der Therapie ohne Stottern sprechen zu können. Wenn danach die Überzeugung beim kleinsten Hängenbleiben schon wieder verloren geht, gibt es einen Rückfall. Man muss also seine neu gewonnene Überzeugung gegen wieder aufkommende negative Gedanken aufrechterhalten. Und jeden Moment des stotterfreien Sprechens zur Stärkung seiner Überzeugung nutzen.

Stottern ist doch heilbar, nämlich bei den 80 %, die das Stottern vor dem Erwachsenwerden wieder verlieren. Wenn es dann erst mal chronisch geworden ist, wird es natürlich schwieriger, weil es im Gehirn dann schon so viel angerichtet hat.

Ich habe guten Erfolg mit dem Training meines Aufmerksamkeitssystems und meines präfrontalen Kortex.

Zum Training des Aufmerksamkeitssystems hilft Meditation. Meditation ist nichts religiöses, nichts geheimnisvolles, nichts Esoterisches und auch keine Voodoo-Technik, wie im BVSS-Forum schon behauptet, es ist ein wirksames Training des Aufmerksamkeitssystems in unserem Gehirn. Und das ist wichtig, weil sich in unserem Gehirn nur das ändert, worauf wie unsere Aufmerksamkeit richten. Wer sich über Meditation informieren will, ich empfehle keine buddhistisch angehauchten Bücher zu diesem Thema.

Es macht also Sinn, seine Aufmerksamkeit auch mal auf sein Stottern zu richten. Das tut nicht weh und verhindert eher, dass ein Stotterereignis einen wieder einknicken lässt. Du musst deine Aufmerksamkeit auf dein Stottern richten, damit der unbewusste Teil deines Gehirns merkt, dass es doch besser wäre nicht zu stottern. Was ging da in deinem Kopf vor während des Stotterns? Warst du nur noch darauf fixiert, das, was du sagen wolltest, irgendwie über die Runden zu bringen? Was hast du dabei gefühlt, psychisch und körperlich? Dann hilft es, kurz seine Aufmerksamkeit auf den Atem zu richten, um innerlich wieder die Oberhand zu gewinnen. Es hilft sehr, immer wieder dahin vorzudringen, wie dein innerer Zustand während des Stotterns ist und wie er sich von dem unterscheidet, wenn du nicht stotterst. Und dann merkst du vielleicht mal, dass sich etwas innerlich löst und dir der einfache Gedanke kommt: Ach, beim nächsten Mal mache ich das anders. Vielleicht kannst du dann dein eigenes Stottern mal komisch finden und einfach darüber lachen.

Die wichtigste Aufgabe des präfrontalen Kortex ist es, Entscheidungen zu treffen, das hat auch mit allem anderen zu tun, was er sonst noch macht. Nun tun wir die meisten Handlungen ja automatisch, die Motivation dazu entsteht im Unterbewusstsein. Wir können den ganzen Tag mit automatischen Handlungen verbringen. Wir nehmen das zwar wahr und können uns vielleicht auch noch erinnern, was wir getan haben (Alltagsbewusstsein nennen das die Psychologen). Ich habe aber entdeckt, dass das nicht die richtige Lebensweise für mich ist. Ich habe abgefangen, automatisch motivierte Handlungen mit einer bewussten Entscheidung zu versehen. Ich tue also zunächst das, wozu ich unbewusst motiviert bin, treffe dann aber die bewusste Entscheidung, das zu tun. Ich übernehme sozusagen wieder die bewusste Kontrolle über mich, obwohl ich zunächst nichts anderes tue, als das was ich automatisch getan hätte. Allerdings habe ich dann neue Einfälle, neue Ideen, die ich automatisch nicht gehabt hätte. Es ist so, als ob mein Gedächtnis mit jetzt, wo ich mit bewussten Entscheidungen lebe, neue alternative Handlungsmöglichkeiten aufzeigt und mir einfach mehr zutraut. Das Stottern? Ich denke nicht mehr dran, weil meine Gedanken mit ganz anderen Dingen beschäftigt sind. Und wenn es doch wieder kommt, siehe oben.

Wenn du Filme siehst und hörst, versuche mal, dich in die Rolle eines Filmkritikers zu versetzen, der darüber dann einen Bericht schreiben muss, statt einfach nur abzuschalten und in der Handlung aufzugehen. Und lass das dauernde Daddeln auf dem Handy sein und setze dich lieber mit dem auseinander, was dir so an Vorstellungen und Bildern in den Sinn kommt. Verbalisiere das, was dir in den Sinn kommt, Bilde bewusste Gedanken in ganzen Sätzen dazu.